Vor über 2200 Jahren soll ein schlauer Grieche gesagt haben: „Gebt mir einen festen Punkt im All, und ich werde die Welt aus den Angeln heben“. Archimedes brachte damit die uns heute bekannten Hebelgesetze auf den Punkt. Hebel sind Kraftwandler. Sie ermöglichen es uns, mit einer vergleichsweise kleinen Kraft auf der anderen Seite der Achse eine wesentlich größere Kraft auszuüben.
Hebel begegnen uns ständig im Alltag: Die Wippe auf dem Spielplatz, die Schubkarre im Garten, der Nussknacker in der Weihnachtszeit – und ganzjährig die KNIPEX-Zange in ihren verschiedenen Ausführungen. Um die Wirkung unserer eigenen Kraft an einem Hebel zu veranschaulichen, muss man nicht Physik studiert haben. Drehmomente, Vektoren und Winkelgeschwindigkeiten spielen zwar eine Rolle bei der Herleitung der Formeln - allerdings haben wir die Beispiele vereinfacht, denn in der Praxis kommt es nicht auf Nachkommastellen an.
Bei der Betrachtung von Hebeln gibt es einen Kraftarm, einen Lastarm und einen Drehpunkt. Bei einem einseitigen Hebel sind Last- und Kraftarm auf derselben Linie, der Drehpunkt befindet sich an deren Ende. Das beste Beispiel ist hier die Schubkarre. Ich habe eine ca. 40kg schwere Stahlfelge mit Reifen aufgeladen, diese wirkt mit einer Kraft F1 von 400N nach unten. Die Mitte der Felge ist 0,5m von der Drehachse/dem Rad entfernt (r1), die Griffe der Schubkarre an denen ich anhebe sind 1,5m von der Drehachse/dem Rad entfernt (r2). Vernachlässigen wir das Gewicht der Karre und die überall auftretende Reibung, lässt sich leicht berechnen, mit welcher Kraft ich die Karre zu Beginn anheben muss.
Wenn wir die Formel herleiten lassen, kommt als vereinfachtes Verhältnis von den beiden Kräften und den angesetzten Längen heraus:
Wir sehen, je kleiner Lastarm r1 (also der Abstand der Felge zur Achse des Rades) oder je größer Kraftarm r2 (also die Länge des Chassis bis zum Griff) sind, desto weniger Kraft F2 muss ich zum Anheben der Felge aufwenden.
Wenn also zum Beispiel bei einem Seitenschneider die Schneidfläche sehr dicht am Gelenk sitzt, ist der Lastarm r1 extrem kurz und die Kraft F1 auf das Werkstück entsprechend groß. Schauen wir auf unseren beliebten Kraft-Seitenschneider 74 02 160. Bei einer Gesamtlänge von nur 160mm ist der Kraftarm rund 130mm lang, wenn wir nah am Gelenk schneiden der Lastarm aber nur 20mm. Eine normale Hand drückt einen Seitenschneider mit rund 400N Kraft.
Wow! Das ist eine Menge!
Nehmen wir im Vergleich dazu den größeren Kraft-Seitenschneider 74 05 250, auf harte Dauerbeanspruchung ausgelegt und deshalb 250mm lang. Hier beträgt die Länge des Kraftarms rund 210mm, der Lastarm wieder rund 20mm.
Das ist so viel, dass mit diesem Seitenschneider Pianodraht bis zu 3 mm Durchmesser kraftschonend geschnitten werden kann.
Oder nehmen wir eine Wasserpumpenzange. Verdeutlicht an unserer Cobra sieht das Verhältnis nach alten Bekannten aus:
Diesmal lösen wir bei bekannter Kraft unserer Hände F2 die Formel nach der anpackenden Kraft F1 auf, wenn die Backen der Zange 50mm und die Schenkel 200mm lang sind.
Dabei gehen wir von der Spitze der Backen aus, um beispielsweise ein Werkstück zu halten. Näher am Gelenk, in der Mitte der Backen zum Lösen oder Kontern einer Mutter, ist die Kraft wie weiter oben gezeigt noch größer.
Wer jetzt Spaß an der einfachen Formel gefunden hat und ein bisschen Quatsch machen will, kann auch „ausrechnen“, wie lang der Kraftarm sein muss, um die Welt aus den Angeln zu heben. Vielleicht nehmen wir als Drehpunkt den Mond? Die Erde hat ein „Gewicht“ von 5,972*1024kg und ist vom Drehpunkt Mond durchschnittlich 384.400km entfernt (r1). Hängt euch mit eurem Eigengewicht an den Kraftarm, sagen wir 100kg (also F2=100N)? Na? Physikalisch gesehen ist das natürlich Unsinn.
Mit verschiedenen Weiterentwicklungen lässt sich die Kraft noch vervielfachen, beispielsweise durch ein doppeltes Gelenk wie bei einem Bolzenschneider. Hier wird vor allem der weitere Weg
P.S.: Der Hebel bei der Aufgabe mit der Erde müsste 22.963.680.000.000.000.000.000.000.000 Kilometer lang sein.