Dat is’n Dampfmaschin!
Dampfmaschinen! Sichtbare Mechanik ohne jede Elektronik, wo man jeden einzelnen Kolbenhub erleben und im Körper spüren kann. Den Kindheitstraum vieler großer und kleiner Menschen lebt Jonas Krantz auf der „ELBE“, dem einzigen erhaltenen dampfbetriebenen Flusseisbrecher in Deutschland. Ihm war das Modell der funktionierenden Dampfmaschine im Kinderzimmer nicht genug. Er wollte er größer und hat beim 2006 gegründeten Verein „Dampfeisbrecher ELBE e.V.“ angeheuert. Hier sorgt er gemeinsam mit sechs Aktiven für die Betriebsfähigkeit eines seltenen Schiffes und greift dabei auf sehr großes Werkzeug der Firma Knipex zurück!
Mit dem Gewicht das Eis brechen
Die ELBE wurde 1911 im Auftrag der königlich-preußischen Elbstromverwaltung bei der Werft Gebrüder Wiemann in Brandenburg an der Havel gebaut. Das Prinzip der Dampfeisbrecher war, dass sie sich (angetrieben von mächtigen Dampfmaschinen) mit ihrem stabilen Rumpf auf das Eis schoben, um es mit ihrem Gewicht zu zerbrechen. Es wurde gegen die Strömung gearbeitet, damit die gebrochenen Schollen flussabwärts abfließen konnten.
Trotz der kraftvollen Zweizylinder-Expansionsdampfmaschine mit ihren 2
80 PS wurde die ELBE, wie alle anderen Dampfeisbrecher auch, ab den 50er Jahren durch leistungsstärkere Schiffe ersetzt. Sie hat aber die Zeit in privater Hand überlebt und wurde 1997 komplett restauriert. Seit 2006 kümmert sich der Förderverein um die ELBE, das Schiff wurde inzwischen als Fahrgastschiff für bis zu 150 Personen zugelassen und das bedeutet: Viel zu tun für die Crew.
Regelmäßige Wartungsarbeiten
Alle aktiven Vereinsmitglieder gehen normalen Berufen nach und treffen sich ein bis zwei Mal in der Woche oder am Wochenende, um die anliegenden Arbeiten an dem Dampfeisbrecher zu erledigen. Zur Wartung gehört die Reinigung des Dampfkessels von innen. Die regelmäßige Kontrolle der Lagerspiele der Dampfmaschinen ist so existenziell wie das Einstellen der Ventile an einem Oldtimermotor. Ach ja. Ventile. Alle Ventile der Maschinen werden ebenso regelmäßig auf ihre Dichtigkeit überprüft.
Der „obere“ Aufbau des Oldies besteht fast komplett aus Holz, das
muss oft geschliffen und wieder konserviert werden. Alle fünf Jahre sieht die ELBE eine Werft von innen, um den Rumpf auf Schäden untersuchen zu lassen. Anschließend wird sie dann von der Schiffsuntersuchungskommission (SuK) begutachtet, um das gültige Schiffsattest zu verlängern.
Mit dem richtigen Werkzeug
In jeder Ecke des Dampfeisbrechers, ob nun an Deck oder unter Deck, hängen und liegen Werkzeuge, Schmiermittel und andere große wie kleine Helferlein. Vor allem im Maschinenraum lagert schweres Gerät wie die zwei gewaltigen Knipex Zangen, mit denen die Jungs zu lösende Bolzen kontern oder Verschraubungen festziehen. Die sind so groß, dass es keine normalen Schlüssel dafür gibt. Hier ist Qualität gefragt, auf die man sich seit Jahrzehnten verlassen kann. Auch mittelgroße Rohrbolzen und Schraubverbindungen werden mit Zangen gelöst und angezogen, jeder der hier arbeitenden hat eigentlich immer einen roten Griff aus einer der Gesäßtaschen ragen.
Es gibt viel zu tun
Die Erhaltung der Betriebsfähigkeit ist oberstes Ziel, aber auch nach der Saison kümmert sich das Team um alle Arbeiten, die während des Betriebs angefallen sind. Und sie verlassen sich dabei auf ihr hochwertiges Werkzeug, wenn hier unten etwas bricht oder durchrutscht kann der Folgeschaden groß sein. Die Dampfmaschine unter Deck ist schließlich nicht das einzige Aggregat, was hier arbeitet. Da gibt es noch die Rudermaschine, die allein schon 5 PS hat, eine Universalpumpe und einen Ejektor sowie den 10 PS Generator, der eine Leistung von 5 KW bei 110 Volt liefern kann.
Fast lautloses Fahren
Wer nun glaubt, so eine Dampfmaschine sei ein lautes, stampfendes Monstrum, wird im Fahrbetrieb überrascht sein. Kein Dröhnen und Brummen wie bei einem Dieselmotor – nur das Zischeln des Dampfes und der Ventile ist zu hören. Während im Maschinenraum die zwei Zylinder ihre Arbeit verrichten, lassen sich an Deck die Natur und das Rauschen des Wassers in voller Pracht genießen. In einem normalen Jahr ist die ELBE über die Sommermonate rund 20 mal unterwegs und ein ständiger Gast beim Hamburger Hafengeburtstag, dem Elbfest oder den Cruise Days. 2019 ging es auf der Weser bis nach Hoya, und 2022 will das Team versuchen, einmal bis in die Niederlande zu schippern. Bei der guten Wartung sollte die Zuverlässigkeit kein Problem sein.
Die Sonne sinkt schon hinter den großen Kreuzfahrtschiffen, als die fünf schraubenden Jungs ihr heutiges Tagesziel erreicht haben und noch eine Runde durch die Hafenanlagen dampfen, um zu prüfen, ob alles hält, alles dicht ist und ihre Arbeit erfolgreich war. Natürlich ist alles in Ordnung. Was seit über 100 Jahren durch die Flüsse pflügt, wird das auch weiterhin machen. Vor allem, wenn das Schiff weiterhin so fachkundig und mit so hochwertigem Werkzeug instandgehalten wird. Auf eine gute Saison!